In meinem Roman "Champaine 1897" habe ich beschrieben, wie Ronda Baker den alten Indianerfriedhof besucht.
Gerade in diesen Passagen gebe ich genau diese Eindrücke wieder, die ich selbst hatte, als wir 1998 im Yukon-Territorium unterwegs waren und bei unserer Fahrt nach Beaver Creek in Champaine haltgemacht haben. Es handelt sich um eine frühere Handelsniederlassung und gehört heute zum Indianerreservat der Champagne und Aishikik Indianer. Weniger als 20 Einwohner leben hier in Holzhütten, von denen eine komplett mit den unterschiedlichsten Radkappen dekoriert ist. Von der Geschichte des Alaska Highway erzählen die verrotteten alten Baumaschinen und Autos, die hier stehen geblieben sind, lange, nachdem die Bauarbeiter weiterzogen. Die Tatsache, dass in Champaine ein Lager für die Bauarbeiter des Alaska-Highways entstand, hat den Indianern kein Glück gebracht. Die Weißen brachten Krankheiten mit, an denen ein großer Teil der indianischen Ureinwohner verstarb.
Der Friedhof von Champaine liegt gegenüber der kleinen Ansiedlung, etwa 200 Meter weiter Richtung Norden. Ein Schild am Eingang weist darauf hin, dass die Ruhe der Toten nicht gestört werden darf. Fotografieren und Filmen ist verboten und die Tatsache, dass Ronda Baker sich in meinem Roman „Champaine 1897“ nicht daran hält, wird sie später noch in Schwierigkeiten bringen. Um zu verstehen, wie und warum sich ein Indianerfriedhof im Yukon-Territorium von anderen Begräbnisstätten unterscheidet, muss man sowohl das Land als auch Rituale der Indianer kennen.
Durch den Permanentfrost im hohen Norden ist das Ausheben von Gräbern nur in wenigen Monaten im Sommer möglich. Zu allen anderen Zeiten fanden Beisetzungen früher zunächst oberirdisch statt. Für die Indianer hat diese Art der Bestattung aber auch eine rituelle Bedeutung. Zunächst einmal herrschte die Angst vor, lebendig begraben zu werden. Ein Toter wurde also in einem sogenannte Spirit House beigesetzt. Dabei handelte es sich, je nach Bedeutung des Verstorbenen, entweder um einfache Zelte oder um steinerne Grabstätten. Später, wenn die Leichname tatsächlich bestattet wurden, waren ihre Seelen nach Ansicht der Indianer noch in diesen Spirit Houses gefangen, und zwar solange, bis sie den Weg in die Welt der Verstorbenen und damit ihre ewige Ruhe gefunden hatten.
Auf dem Indianerfriedhof von Champaine haben wir neben ganz normalen Gräbern mit Grabsteinen auch solche Spirit Houses gefunden. Manche waren relativ neu, manche sehr alt und fast verfallen. Es ist ein Ort der Stille und Besinnung und er verbreitet eine ganz besondere Atmosphäre. Jedes ungewohnte Geräusch lässt einen zusammenzucken, weil es einfach nicht hierher gehört. Nach dem Besuch des Indianerfriedhofs haben wir lange Zeit geschwiegen, um die Eindrücke, die wir gewonnen hatten, nicht durch Worte zu zerstören.
Ich denke, es ist mir ganz gut gelungen, diese Atmosphäre auch in meinem Roman einzufangen und an die Leser weiterzugeben.
Mehr zu Ronda Baker und ihren Abenteuern gibt es auf www.renatebehr.de.
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